Doppelleben by Simenon Georges

Autor:Simenon, Georges [Simenon, Georges]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00

Es war ein schwieriger Tag für Célerin. Er sah sich einer geschlossenen Gesellschaft gegenüber. Hier Zutritt zu erlangen war unmöglich, und er hätte es auch gar nicht gewollt.

Auf der Terrasse war eine Bar aufgebaut. Nach und nach zogen die Gäste sich wieder an. Er war einer der ersten, denn er schämte sich seines Körpers, der neben all der braungebrannten Haut bleich erschien.

»Champagner? Martini trocken?«

Ein Maître d’hôtel in weißer Jacke und weißen Handschuhen waltete mit einer Miene äußerster Indifferenz seines Amtes.

Die Frauen trugen bunte Shorts oder lange Hosen aus fast durchsichtigem Stoff. Die meisten Männer hatten Polohemden an, nur er war im Anzug.

Von Zeit zu Zeit trat Brassier fast mitleidig zu ihm und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter.

»Na? Fühl dich ganz wie zu Hause...«

Oder er stellte ihn im Vorübergehen einem der anderen Gäste vor, die sich nach wenigen höflichen Worten wieder entfernten.

Célerin fing einzelne Gesprächsfetzen auf. Es war viel von Pferden die Rede, ein Paar war frisch von den Bahamas zurück, und eine junge Frau gestand mit gespielter Verschämtheit, daß sie soeben einen Roman geschrieben habe.

Eveline spielte die Rolle der Gastgeberin perfekt, und er bewunderte ihre Gewandtheit. Ihre sonstige Lethargie war wie weggeblasen. Sie trug seitlich bis zu den Hüften geschlitzte Hosen und eine weiße Bluse, die unterhalb der Brust zusammengeknotet war.

Cocktails und Champagner folgten einander ohne Pause, und die Stimmen wurden ein wenig lauter. Ein Kellner ging von Gruppe zu Gruppe und bot alle erdenklichen Arten von Appetithappen an: mit Kaviar, mit Käse, mit Sardellen...

Célerin hielt sich traurig abseits und fragte sich, was er hier sollte. Er beneidete Brassier nicht. Er beneidete auch seine Gäste nicht, die größtenteils keinerlei Notiz von ihm nahmen.

Das Eßzimmer war hell. Die Möbel, die Wände und die lange kristallglitzernde Tafel, alles war weiß. An jedem Platz standen vier Gläser. Ein Kellner füllte unaufhörlich verschiedene Weine nach und murmelte dabei ihre Namen.

Als ersten Gang gab es kalten Lachs, ein riesiges Tier auf einer silbernen Platte, dessen Garnierung mit Applaus bedacht wurde.

Als nächstes folgte ein ganzes Lamm, das im hinteren Teil des Gartens am Spieß gebraten worden war.

Célerin saß zwischen zwei Frauen, die er nicht kannte und mit denen er nichts zu reden wußte. Eine von ihnen war jung und unterhielt sich angeregt mit ihrem Nachbarn zur Linken, die andere war die einzige alte Dame unter den Gästen. Sie schien ebenso isoliert zu sein wie er.

»Kennen Sie die Brassiers schon lange?« fragte sie ihn, nur um etwas zu sagen.

Sie sah ihn lächelnd an, und erst nach einer Weile wurde ihm klar, daß sie nahezu taub war.

Inzwischen waren Zigaretten aus goldenen Etuis zum Vorschein gekommen, die Eisbombe wurde serviert, und es gab wieder Champagner.

Célerin trank wenig, er nippte nur von jedem Glas, und trotzdem brannten seine Wangen. Konfekt wurde herumgereicht, doch kaum jemand nahm davon.

Endlich stand Eveline auf. Auf dieses Signal hin folgten ihr alle auf die Terrasse oder in den Garten hinaus.

Brassier hielt Célerin zurück.

»Darf ich dir Monsieur Meyer vorstellen? Monsieur Meyer ist der Inhaber des Juweliergeschäfts an den Champs-Elysées; du hast schon öfter für ihn gearbeitet, ohne es zu wissen.

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